Quempas-SingenWestfälische Nachrichten

Geschliffene Klänge im Kerzenschimmer

23.Quempas-Singen | 21.Dezember 2003 | Petrikirche Münster

Julia Fauth, Westfälische Nachrichten, 23. Dezember 2003

Von Hand zu Hand gaben die Sänger ihr Kerzenlicht weiter, bis von Empore und Chorraum dutzendfach Kerzenschimmer und die geschliffenen Klänge des „Hodie Christus natus est“ von Benjamin Britten strahlten: Der Lichtschein, der alljährlich das traditionelle „Quempas“-Singen umfängt, symbolisiert den Stern von Bethlehem – die frohe Botschaft für die Welt. Seit dem 16. Jahrhundert gibt es den Brauch dieses musikalischen Lobpreises und sinnbildlich führten ihn am Sonntag der Philharmonische Chor Münster, der Kinderchor des Gymnasiums Paulinum und Blechbläser des Ensembles „Embrassy“ in alle vier Himmelsrichtungen, standen Musikformen vom Barock bis zur Moderne einträchtig nebeneinander.

Der Zauber des Singens entfaltete sich im Wechsel zwischen Kinderchor (Leitung: Uta Hussong und Margarete Sandhäger), Vokalphilharmonie sowie Bläserensemble, die einzeln oder auch im Tutti von Martin Henning geführt wurden. Zum Eingang intonierte der Kinderchor in lebendigen Farben die vier Strophen des bekannten Weihnachtsliedes „Wir sagen euch an den lieben Advent“ (Heinrich Rohr) und entzündete dazu die vier Adventslichter. Doch nicht allein mit atmosphärischen Hilfsmitteln wurde Musik zum Funkeln gebracht: Versunken lauschte das Publikum dem Philharmonischen Chor mit seiner Interpretation des sehnsuchtsvollen Themas von „Adventi enek“ (Zoltan Kodaly), das die Sänger bis ins machtvolle Forte entfalteten, hörte es Claudio Monteverdiis „Ave maris stella“ von 1610 in direktem Vergleich mit Josef Swiders zeitgenössischer Interpretation: Wunderbar artikuliert gaben Vokalphilharmonie, Bläser, Orgel und der Chorleiter selbst im Solo dem barocken Hymnus reiche Klanggestalt, bereitete es den Musikern keine Schwierigkeiten diesem ätherischen Wechselgesang, Swiders sphärische, bis ins Dissonante hinreichende Polyphonie im Anschluss kraftvoll entgegenzustellen. Eine fast orchestrale Klangfülle entfalteten die zwei Trompeten- und drei Posaunenstimmen von Embrassy mit Bachs Instrumentalbearbeitung von „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, trug Christian Muche an der Orgel, Bachs wunderbare Harmonik mit der durchdringenden Schlichtheit des Choralvorspiels „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ virtuos fort: Solche Vielfalt gibt es nur beim „Quempas“ – und der Kinderchor verriet schließlich, was in dem geheimnisvollen Wort verborgen liegt: „Quem pastores laudavere“, der Liedanfang von Michael Praetorius‘ „Den die Hirten lobeten sehre“: Aus allen vier Ecken der Kirche drang dieses Thema am Ende zu jedem, egal in welche Himmelsrichtung er danach ging.

Schreibe einen Kommentar