Philharmonischer Chor präsentiert Weihnachtsoratorium – Feiner Ausblick auf das Bachfest
von Marco Schumacher. Westfälische Nachrichten vom 04. Dezember 2023
Münster. Laut einem hartnäckigen Gerücht war „Last Christmas“, der gleich vielfältig toxische Weihnachtshit der Gruppe Wham!, ursprünglich ein Song, dessen Story an Ostern spielte und nur aus terminlichen und gewiss kommerziellen Gründen fürs Weihnachtsfest umgetextet wurde. Die Überarbeitung eines Werkes hat in der Musikgeschichte aus diversen Antriebsgründen heraus natürlich schon lange Tradition. Auch der durchaus pragmatisch veranlagte Johann Sebastian Bach nutze das sogenannte Parodieverfahren und als er sich im Jahr 1734 in seine Komponierstube zurückzog und einige seiner weltlichen Werke für das kommende Weihnachtsfest mit frommem Text recycelte, war ihm wahrscheinlich nicht klar, welche Bedeutung die entstandenen Kantaten für seinen Ruhm haben würden. Als Weihnachtsoratorium zusammengefasst, gehören sie bekanntlich zu den meist-gespielten und -geliebten Werken der Musikgeschichte.
Auch in Münster konnte man sich am vergangenen Samstag wieder einmal von der vielfältig überwältigenden Wirkung der ersten drei Kantaten in einer großartigen Aufführung mit dem Philharmonischen Chor Münster und dem Sinfonieorchester in der Petrikirche überzeugen. Gleich vom Eröffnungschor an überzeugte der Philharmonische Chor, trotz seiner Größe, durch eine enorme vokale Wendigkeit, eine angenehme Leichtigkeit, Klarheit in der Artikulation und spürbare Freude am Werk.
Das Sinfonieorchester Münster begeisterte von Anbeginn als glänzender instrumentaler Partner in angemessener Besetzung und voll tänzerisch-barocken Ausdrucks. Einziger Kritikpunkt: Die Continuo-Gruppe, welche bei den Rezitativen doch teils etwas behäbig daherkam. Stephan Scherpe, der den Part des Evangelisten übernahm, erfreute die Hörer als Erzähler mit edlem Tenor und genau dem richtigen Gespür für die Dramaturgie in Bachs Musik. Mezzosopranistin Sarah Romberger feuerte mit ihrer wandlungsfähigen Stimme die Alt-Partie als vokales Feuerwerk in den schönsten Farben ab, und auch Robbert Muuse (Bass) und Anna-Sophie Brosig (Sopran) bereiteten als Solisten mit großen Oratorien-Qualitäten viel Freude.
Dirigent Martin Henning zeigte sich als gewohnt souveräner Gestalter und konnte auch in den teils durchaus knackigen Tempi dem großen Chor Präzision und Textverständlichkeit entlocken.
So erwies sich das Konzert am vergangenen Samstag, dem traditionellen Beginn des neuen Kirchenjahres, als sinnvoller Ausblick auf das Bachfest, welches 2024 auch unter Beteiligung des Philharmonischen Chors in Münster stattfinden wird.
Philharmonischer Chor und Sinfonieorchester in der Petrikirche. Foto: Schomacher.