Mitreißende Aufführung des Oratoriums „Der Traum des Gerontius“
Edward Elgars „Dream of Gerontius“ | 17./18. Mai 2003 | Münster
Burkhard Schmitt, Münstersche Zeitung, 19. Mai 2003
in einmaliges Bild bot sich am Samstag in der münsterschen Lambertikirche bei der Aufführung von Edward Elgars Oratorium „The Dream of Gerontius“. Der Chorraum machte seinem Namen alle Ehre und war mit Sängerinnen und Sängern des Philharmonischen Chors aus Münster und der York Musical Society gefüllt. Davor hatte sich das Symphonieorchester der Stadt Münster bis weit in den Kirchenraum hinein formiert. Im Seitenschiff hatten der Kammerchor Rheine und der Mädchenchor des Kölner Doms Platz genommen. Die sichere, differenzierte Leitung dieser Heerscharen lag bei Dirigent Martin Henning.
Viele werden vielleicht nicht gewusst haben, was sie in den folgenden zwei Stunden erwartete. Denn Elgars Werk ist ein an Wagner-Opern erinnerndes Gesamtkunstwerk und eindrucksvolles Glaubensbekenntnis zugleich, das hierzulande kaum bekannt ist. Nachdem das von tiefen Steicherklängen geprägte „Prelude“ verklungen war, richtete sich der Blick auf die Figur des im Sterben liegenden Gerontius, gesungen von Tenor Justin Lavender. Der erste Teil des Oratoriums schildert sein Ringen mit dem Tod. Mit seinem Schicksal hadernd, fleht er immer wieder um Erlösung. Durch die Kraft des Glaubens schließlich findet er den Mut, das ihm bevorstehende zu ertragen. Einfühlsam gab Lavender all diese Gefühlsregungen wieder. Wunderschön klangen die Chöre der Freunde, die gemeinsam mit dem Priester (Markus Eiche, Bariton) für ihn beteten.
Der zweite Teil spielt im Jenseits und stellt den titelgebenden „Traum“ dar, die Zeit vom Tode bis zum Jüngsten Gericht. Hier trat Gerontius einen reizenden Dialog mit einem Engel: Mezzosopranistin Susanne Schaeffer. Apokalyptisches Getöse prägte den Chor der Dämonen. Doch das Gute setzte sich durch: Alles lief auf den Chor der Engel zu, der die Weisheit und die Allmacht des Herrn pries, vor den Gerontius trat. Durch das Zusammenwirken aller Beteiligten und der von Christiane Alt-Epping gespielten Orgel wurde die Musik hier nicht nur akustisch, sondern körperlich fühlbar. Am Ende, der Mädchenchor hatte inzwischen die Empore bestiegen, erklang ein hinreißendes einstimmiges „Amen“.
Es brauchte einige Zeit, in der sich so mancher eine Träne aus dem Gesicht gewischt haben mag, bis rauschender Beifall die voll besetzte Kirche erfüllte.