Münstersche Zeitung

Großes Gotteslob

Joseph Haydn, Die Schöpfung | 06. Juni 2004 | Lambertikirche, Münster

Burkhard Schmitt, Münstersche Zeitung, 28. Juni 2004

Ein Hauch von Unendlichkeit wehte am Samstag durch die münsterische Lambertikirche, als die Streicher des städtischen Symphonieorchesters mit sphärisch säuselnden Tönen die „Vorstellung des Chaos“ anstimmten. Ein sehr harmonisches Chaos, in dessen Mitte sich jedoch plötzlich mit Pauken und Trompeten der Urknall ausbreitete und so die „Schöpfung“ begann, wie sie Joseph Haydn in seinem Oratorium einst schilderte.

Der Philharmonische Chor Münster unter der Leitung von Martin Henning brachte die nötige Stimmgewalt auf, ließ die zahlreichen Chorsätze, die einem monumentalen Gotteslob gleichen, im besten Licht erstrahlen. Auch die leiseren Passagen formten die Vokalisten wunderbar intoniert aus. Im Satz „Und der Geist Gottes“ gelang ihnen mit den Worten „Und es ward Licht“ ein fantastisches, niederschmetterndes Fortissimo. Da störte es kaum, dass die Texte, bedingt durch die Akustik, nicht immer zu verstehen waren. Der ausgewogene Klangkörper, in dem sich die zahlenmäßig überlegenen Frauen zugunsten der Männerstimmen zurückhielten, machte diese mehr als wett.

Von Anfang an präsent waren auch die Solisten, allen voran Kay Stiefermann. Er verlieh mit seinem friedvollen Bass dem Engel Raphael mystische Züge und legte in seiner Arie „Rollend in schäumenden Wellen“ eine enorme dynamische Spannweite an den Tag. Engelsgleich und mit mildem Vibrato: Sopranistin Cornelie Isenbürger. Ihr bereiteten selbst schwierige Koloraturen wie in der Arie „Nun beut die Flur das frische Grün“ keine Sorgen. Tenor Marcus Ullmann steuerte einen kräftigen und zugleich würdevollen Tenor bei.
Die Instrumentalisten verzauberten im zweiten Teil mit traumhaften Tonmalereien. Da imitierten die Blechbläser das Fauchen eines Löwen und ein Hirsch schien mit den flinken Läufen der Streicher lebendig geworden zu sein. Im dritten Teil schlüpften Stiefermann und Isenbürger in die Rollen Adams und Evas, um mit jubilierenden Stimmen den Herrn zu loben und sich in aller Verliebtheit ewige Treue zu schwören. Nach dem strahlenden „Amen“ ernteten alle Beteiligten vom Publikum minutenlangen Beifall und stehende Ovationen.

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